Gefälschte Forschungsresultate? Der Fall Obokata

12 Juni 2014  |  Geschrieben in Fälschung, Forschung und Schreiben   |  Schreiben Sie einen Kommentar »

OBOKATAZwei Artikel, die Haruko Obokata im Januar in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichen konnte, rochen nach nichts weniger als Sensation und Durchbruch. Die Forschungsresultate besagten, dass es unter den richtigen Umständen ausreicht, gewöhnliche Mäuse-Zellen hohem Stress auszusetzen (beispielsweise durch Sauerstoffentzug oder Säurebäder), um einen Regenerationsprozess auszulösen.  Die Zellen würden sich so in STAPs verwandeln, also in Zellen mit „stimulus-triggered acquisition of pluripotency“. Diese sind Stammzellen sehr ähnlich. Die 30-jährige Laborleiterin für zelluläre Umprogrammierung am Riken Center for Developmental Biology hatte aber nicht nur einen Doktortitel, eine Forschungstätigkeit an der Harvard Medical School und spektakuläre Resultate vorzuweisen. Sie brachte auch einen Glamour-Faktor ins Labor, der dem Medienrummel, der auf die neuen Entdeckungen folgte, nicht eben abträglich war.

Gefälschte Daten?

Bald aber wurden ihre Resultate von verschiedenen Seiten angezweifelt. Das vom japanischen Staat mitgetragene Riken Institut setzte daraufhin eine Untersuchungskommission ein, die schwere Fehler entdeckte: Mehrere Aufnahmen von Zellen seien bereits in Obokatas Doktorarbeit vorgekommen, welche aber einem ganz anderen Thema gewidmet war. Zudem wurden die Laboraufzeichnungen als nachlässig und mangelhaft bezeichnet. Sie reichten nicht aus, um die Experimente Obokatas nachvollziehbar zu machen. So gelang es dann auch bisher nicht, die Sensationsresultate zu reproduzieren. Erschwerend kam zudem ans Tageslicht, dass es sich bei Teilen der Doktorarbeit Obokatas um Plagiate handelt, unter anderem auch bei mehreren Bildaufnahmen. Obokata bot daraufhin an, die umstrittene Doktorarbeit zurückzuziehen; eine Entscheidung der japanischen Waseda Universität, die den Doktortitel verliehen hatte, ist noch ausstehend. An einer Pressekonferenz im April hat sich die Forscherin unter Tränen für ihre Nachlässigkeit und ihr unentschuldbares Vorgehen in Bezug auf die STAPs-Forschung entschuldigt, bestand jedoch noch darauf, dass die Kernaussage ihrer Artikel legitim und reproduzierbar sei. Und dies obwohl einer ihrer Koautoren bereits vor Monaten gebeten hatte, die Artikel zurückzuziehen. Im Laufe der folgenden Wochen musste Obokata sich dann doch mit einem Widerruf von einem und schließlich beiden Nature Artikel einverstanden erklären. Die Umsetzung steht wohl kurz bevor. Die Forscherin plant, ihre Experimente am Riken Institut zu wiederholen, und so ist das letzte Wort in dieser Affäre möglicherweise noch nicht gesprochen.

Mehr Widerrufe, weniger Irrtümer, kaum Lösungen

Dass eine Diskussion um Betrug in der Forschung derart öffentlich ausgetragen wird, ist eine Seltenheit. Klar scheint hingegen, dass betrügerische Artikel und gefälschte Resultate sich häufen und dass sie bei Entdeckung mit Vorliebe möglichst diskret, bisweilen mit richtiggehend obskuren Begründungen zurückgezogen werden. Eine Studie aus dem Jahr 2012 belegt im Bereich der Naturwissenschaften, was viele schon ahnten: Die Anzahl zurückgezogener Artikel nimmt zu, und Fehlverhalten wie Betrug oder Plagiate sind immer häufiger der Grund dafür – hinter zwei Dritteln der Widerrufe stehe mangelnde Integrität, so die Autoren der Studie. Ob strengere Kontrollen oder eine radikalere Neuorganisation der akademischen Forschung die besten Antworten auf solche Tendenzen sind, und wie sie sich umsetzten ließen, diese Diskussion steht uns noch bevor.

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