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Suchen Sie noch, oder forschen Sie schon?

gather-information-for-researchInformationen finden, die Relevanz erkennen, in seinem Feld auf dem Laufenden bleiben – kurz: das Lesenswerte aus der Informationsflut herauspicken. Dies sind Aufgaben, die jedem Forschenden vertraut sind. Entsprechend hat jeder seine persönlichen Strategien entwickelt, um daneben möglichst viel Zeit für die eigene Forschung übrig zu haben. Und trotzdem bleibt oft das Gefühl zurück, die Arbeitseffizienz in diesem Bereich nicht hoch genug schrauben zu können. Nagen die Sortier- und Leseaufgabe zu sehr am Zeitbudget, oder fehlt die Sicherheit, die wirklich wichtigen Artikel gefunden zu haben, so kann es sich lohnen, das eigene Vorgehen zu überdenken und neue Wege auszuprobieren.

Liefern lassen statt selber suchen
Sich neue Artikel zustellen zu lassen, dafür gibt es zahlreiche Möglichkeiten: Wer die für sich relevanten Stichworte genau definiert hat, der kann über verschiedene Datenbanken oder Suchmaschinen leicht einen RSS Feed oder eine E-Mail Benachrichtigung abonnieren und über Publikationen mit den richtigen Schlüsselworten informiert werden. Beispielsweise bietet Google Scholar diese Option. Eine elegante Methode, um die Trefferzahl einzuschränken und die Relevanz zu erhöhen, sind Programme wie PubChase. Diese basieren auf dem selben Prinzip, das etwa bei Apps für Musikempfehlungen verwendet wird: Die Liste der Vorschläge wird aus den bereits gelesenen Artikel abgeleitet, sowie aus der Bibliothek von „ähnlichen“ Nutzern. Sie kann auch durch manuelle Eingaben noch verfeinert werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in Benachrichtigungen über Publikationen, die ein besonders relevantes Werk zitieren, beispielsweise über Web of Science. Schließlich kann man sich von den relevantesten Journals über die Liste der neuen Artikel in jeder neu erschienenen Ausgabe informieren lassen.

Die Übersicht behalten
In Benachrichtigungen zu versinken ist jedoch kaum besser, als unter Suchresultaten begraben zu werden. Zeit für eine Aufräumaktion! Benachrichtigungen oder Feeds, die sich als wenig nützlich herausgestellt haben, zu löschen oder anzupassen ist ein offensichtlicher Schritt – und wird doch zu oft unterlassen. Erscheinen die relevanten Artikel immer in den selben Journals? So zuverlässig, dass man andere Quellen vernachlässigen kann? Gibt es fachspezifische Datenbanken, die zielgerichtetere Resultate liefern? Ist der Grundsatzartikel, dessen Zitate verfolgt werden, noch aktuell? Entwickelt sich vielleicht gerade eine neuere Publikation zum „Standardwerk“?

Auch lohnt es sich, seine Stichworte systematisch zu überprüfen. Die Liste dieser Schlüsselwörter wird meist im Lauf der Forschungsarbeit „einfach so“ mental gesammelt und ergänzt. Dabei werden hilfreiche Optionen leider oft verkannt. Sich mit den fortgeschrittenen Suchoptionen der bevorzugten Suchmaschine oder Datenbank vertraut zu machen, kann echte Vorteile bringen! Kommen mehrere Suchwörter nur in Kombination vor? Gibt es Synonyme? Sind auch andere Worte mit demselben Wortstamm relevant? Will ich wirklich über Artikel informiert werden, die mein Suchwort im Volltext, nicht aber im Abstract beinhalten? Genau, alles schon mal gehört! Aber verwenden Sie wirklich die bestmögliche Suchkonfiguration? Besonders in jungen Disziplinen sollte auch beachtet werden, dass sich die Terminologie im Laufe der Zeit anpassen oder verfeinern kann. Und nicht nur die Terminologie, auch der individuelle Forschungsfokus entwickelt sich oft weiter.

Je länger, desto automatischer?
Für Forscher ist es essentiell, Abstracts querlesen zu können, die Spreu vom Weizen zu trennen, die wichtigen Journals und Konferenzen zu kennen und in der Informationsflut navigieren zu können. Anzeichen dafür, dass diese Fähigkeiten bald obsolet sein werden, gibt es leider keine. Im Wettlauf zwischen mehr und schnelleren Publikationen einerseits und entsprechenden Dienstleistungen und hilfreichen Programmen andererseits, scheinen sich letztere gegenwärtig auf einer Aufholjagd zu befinden. Es lohnt sich also, die Augen nach neuen Möglichkeiten offen zu halten und die eigenen Routinen gezielt zu hinterfragen!

Welche Open Access Journals schaden der Karriere?

Open Access Publishing hopen_accesseisst, akademische Artikel kostenlos zugänglich zu machen. Oft werden als alternative Einnahmequelle Gebühren von den Autoren verlangt. Grundsätzlich ist es schwierig zu begründen, weshalb Forschung von der öffentlichen Hand finanziert werden soll, gleichzeitig aber die Übernahme der Publikationskosten abzulehnen ist. Schließlich hängt der Fortschritt, der durch Forschung erreicht werden kann, direkt davon ab, dass Resultate zugänglich sind und bekannt werden. Unter den kostenlosen Journals, die oft nur online zur Verfügung stehen, sind durchaus Titel mit bester Reputation zu finden. PLOS ist ein oft genanntes Beispiel. Dennoch stößt das Modell Open Access bei vielen auf grundsätzliche auf Ablehnung.

Von Raubtieren und Parasiten

Schuld daran sind nicht zuletzt sogenannte Predatory Journals. Solche Publikationen halten sich nicht an akademische und redaktionelle Standards, vernachlässigen die Qualitätssicherung aufs gröbste und publizieren so gut wie jeden eingereichten Artikel, sofern die Publikationsgebühr bezahlt wird. Die Redakteure sind nicht qualifiziert, die Qualität und Wichtigkeit der eingereichten Artikel zu beurteilen – es gibt sogar Fälle, in denen Namen von Redakteuren schlicht erfunden worden sind. Die Peer Review, die kritische Beurteilung des Artikels durch andere Experten, findet bei den „räuberischen Publikationen“ sehr nachlässig und häufig gar nicht statt. Wer sich täuschen lässt oder zu wenig nachforscht und in der Folge seine Arbeit einem solchen Verlag anvertraut, dem entgeht im günstigeren Fall das im Peer Review übliche Feedback und die möglicherweise verdiente Aufmerksamkeit. Im schlechteren Fall setzt er sich dem Verdacht aus, im Vorfeld von „echten“ Journals abgelehnt worden zu sein; ein echter Karriereknick ist nicht auszuschließen.

Die Guten von den Bösen trennen

Unseriöse Titel zu erkennen ist also von großer Bedeutung – dies gilt allerdings nicht nur für jene Journals, die von Autorengebühren abhängen – wird aber durch die Vielzahl neuer Publikationen immer schwieriger. Wer in Betracht zieht, in einem ihm nicht bekannten Journal zu publizieren, bei dem sollten die Alarmglocken spätestens dort läuten, wo nicht bekannt ist, wer im Redaktorenteam mitwirkt, wenn die Redaktoren keinen Namen im jeweiligen Fachgebiet haben, oder wenn der Autor um Kontakte von möglichen Peer Reviewern gebeten wird. Weitere Anzeichen, die auf eine unseriöse Zeitschrift hindeuten, sind eine nachlässig designte Website, fehlende Transparenz bezüglich anfallender Gebühren, das Versprechen auf eine sehr kurze Zeitspanne zwischen Eingabe und Publikation, unprofessionelle Kommunikation inklusive Spam Mails mit der Aufforderung Texte einzureichen, oder das Fehlen einer ISSN- oder DOI-Nummer. Und natürlich ist das Erkennen von zweifelhaften Artikeln (obwohl letzteres zu nicht immer so einfach ist wie beim Artikel, der von Scientific Research Publishing (SCIRP) mit folgendem Abstract publiziert wurde: „Approach to expansion of an opportunity of the reception the guaranteed estimation for a problem of reconstruction the impact within the limits of the dynamical algorithm is considered in the article.“)

Bei Zweifeln sind die Universitätsbibliothekare des eigenen Institutes, die sich professionell mit der Beurteilung verschiedener Medien befassen, üblicherweise gute Anlaufstellen. Die am weitesten beachtete Liste von Predatory Journals führt der Mann, der den Begriff geprägt hat, Jeffrey Beall. Sie umfasst momentan 556 Titel (darunter auch das oben erwähnte SCIRP) und wird regelmäßig aktualisiert. Solche Zusammenstellungen können aber nur verdächtige Titel aufzählen und stellen kein definitives Urteil dar. Wer Monate in seine Forschungsarbeit investiert hat, tut sicherlich gut daran, bei der Veröffentlichung Vorsicht walten zu lassen und sich intensiv über unbekannte Titel zu erkundigen.

Kleine Tools & Helfer für große Arbeiten

Online-tools-for-researchersWer sich an Bibliothekskarteien – genauer: physische Karten in quietschenden Schubladen – und fehlende Bücher oder Journals erinnern kann, der wird kaum Zweifel daran haben, dass die Forschung eines jener Felder ist, die durch das Internet besonders stark revolutioniert wurde. Doch auch über die Recherche und den verbesserten Zugang zu Inhalten hinaus gibt es praktische Hilfen, die dem Forscher unter die Arme greifen. Eine Vielzahl an Online-Tools, Programmen und Apps versprechen, mühsame Fleißarbeiten zu übernehmen. Von der Dokumentenverwaltung zum Zusammenstellen der Bibliographie, von Kommunikationsoptionen zur Textverarbeitung: Nicht immer sind die aus dem Alltag bekannten Lösungen auch jene, die dem Prozess der Forschung am meisten entgegenkommen. Wer die richtigen kleinen Helfer kennt, kann sich den Forscheralltag erleichtern.

Recherche

Google Scholar ist alles andere als ein Geheimtipp. Wer seit der ersten Version vor beinahe zehn Jahren eine Hochschule betreten hat, kennt die Suchmaschine für akademische Texte. Das Herunterladen von frei zugänglichen Publikationen ist ebenso möglich wie der Zugriff über die Rechte der eigenen Universitätsbibliothek. Die Suchfunktion und Auflistung nach Relevanz bilden sicherlich das Herzstück und auch die Möglichkeit, zu ähnlichen oder bezugnehmenden Artikeln zu springen, ist hinlänglich bekannt. Es gibt aber auch weniger genutzte, hilfreiche Funktionen: E-Mail Benachrichtigungen über neu erschienene Artikel können dabei helfen, auf dem aktuellsten Stand zu bleiben (linke Navigationsleiste neben den Suchresultaten). Das Einbinden von EndNote (siehe unten) klappt wie am Schnürchen (unter Einstellungen). Bei PubMed und Web of Science versehen Menschen statt Algorithmen die suchbaren Artikel mit Metadaten wie Autor, Journal und Erscheinungsdatum, und im Fall von PubMed auch mit Schlagwörtern. Dadurch kann die Korrektheit garantiert werden, die Suche wird angenehmer und Inhalte entsprechen auf jeden Fall akademischen Ansprüchen. Die offensichtlichen Nachteile gegenüber Google Scholar bestehen darin, dass ersteres sich auf das Feld der Medizin beschränkt und letzteres nicht kostenlos zugänglich ist. Zudem können bei beiden nur Abstracts durchsucht werden, und es stehen nur Journalartikel zur Verfügung, Inhalte wie Konferenzbeiträge oder Bücher fehlen.

Bibliographien erstellen

Hin- und herkopieren, fehlende Angaben ergänzen, sortieren und formatieren: Es ist ein Gemurxe und es nervt. Gut, dass es nicht länger nötig ist. BibMe erstellt in Word exportierbare Bibliographien in den vier gebräuchlichsten Zitierweisen, ganz ohne Haare raufen. Nicht nur Journal-Artikel können nach Namen gesucht und durch Anklicken der Bibliographie hinzugefügt werden, auch Bücher, Zeitungsartikel, Websites und verschiedene Medien sind im Katalog vorhanden. Zusätzlich ist eine manuelle Eingabe möglich. Das Tool steht kostenlos zur Verfügung und besticht durch die intuitive Bedienweise. Für kleinere Arbeiten oder Leute, die von ihrem althergebrachten System der Dokumentenverwaltung nicht abrücken wollen, ist dies ein idealer kleiner Helfer

Dokumentenverwaltung

Recherche beinhaltet viel „Querlesen“ und das Herumspringen zwischen verschiedenen Materialien und Quellen. Tools wie Zotero, Mandeley und EndNote bieten Lösungen für die damit verbundenen Schwierigkeiten. Für die ersten beiden steht eine gratis Basisversion zur Verfügung. Bibliographische Informationen oder ganze Text können bequem von Datenbanken und sogar Websites lokal gespeichert und zwischen verschiedenen Geräten synchronisiert oder mit anderen Nutzern geteilt werden. Mehrere gespeicherte Texte können gleichzeitig durchsucht werden, Notizen anzuheften kann ebenfalls nützlich sein. Bequem funktioniert das Zusammenspiel mit Textverarbeitungsprogrammen, in welche Zitate mit wenigen Klicks eingefügt und referenziert werden können. Die Funktionalität der drei Konkurrenten unterscheidet sich stark und die Nützlichkeit hängt von den individuellen Gewohnheiten ab.

Textverarbeitung

Scrivener ist ein relativ günstiges Textverarbeitungsprogramm, das (im Gegensatz zu Microsoft Word) nicht annimmt, dass ein Text linear von Abstract zum Anhang geschrieben wird. Stattdessen können verschiedene Teile einer Arbeit parallel verfasst und diese Module dann bequem zusammengestellt, bearbeitet und verschoben werden. Praktisch sind auch die umfangreichen Möglichkeiten, Vorarbeiten und Materialien wie Notizen, relevante Artikel, Textstellen oder Websites zu verwalten, zum Beispiel indem diese mit Schlüsselworten oder Metadaten versehen werden. Den täglichen Fortschritt durch die einblendbare Anzahl Worte zu überwachen kann motivierend wirken, dass das Programm regelmäßig zwischenspeichert und vorgängige Textversionen abrufbar hält beugt kleineren Katastrophen vor. Eine Konvertierung, etwa zu Word oder LaTeX, ist möglich.

Sich auf neue forschungsorientierte Tools einzulassen (und jene zu wählen, die den eigenen Bedürfnissen am besten entsprechen), kann einem also durchaus das eine oder andere graue Haar ersparen.

Vermarktung akademischer Publikationen durch Videos

academic-video-marketingWissenschaftliche Publikationen sollen so viel Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen und häufig zitiert werden. Der resultierende Reputationsgewinn schiebt den Autor auf seinem Karrierepfad voran und lässt die Verlagskasse klingeln. Zusätzlich wird das Fundament des bestehenden Wissens, auf welches spätere Arbeiten aufbauen, gestärkt. Wird ein Buch häufiger referenziert, so vergrößert sich in der Folge auch die Leserschaft. Im eher langwierigen akademischen Betrieb können aber zwischen der Veröffentlichung und den ersten Zitaten Monate vergehen. Da ist es äußerst nützlich, in der Zwischenzeit das Thema Vermarktung aufzugreifen, die Visibilität zu erhöhen und sich ins Gespräch zu bringen. Die klassischen Mittel dazu sind bei Artikeln gesprochene Präsentationen auf Konferenzen, bei Büchern entsprechende Rezensionen oder andere Medienbeiträge. Das Gesicht des akademischen Publikationbetriebs hat sich in den letzten Jahren durch neue technische Möglichkeiten stark verändert. Höchste Zeit, dass auch beim Element der visuellen Präsentation neue Wege beschritten werden!

Neue Möglichkeiten nutzen

Reine Onlinepublikationen konnten sich bereits etablieren und im Zuge neuer Businessmodelle stehen akademische Inhalte vermehrt kostenlos zur Verfügung. Da ist es naheliegend, auch in puncto Marketing ähnliche Schritte zu unternehmen. Das Konzept des Video Abstracts steckt noch in den Kinderschuhen, einige Pioniere verzeichnen damit aber bereits Erfolge. Neben Katzenvideos reihen sich auf YouTube seit Kurzem Filmchen von einigen Minuten ein, in welchen ein Autor erklärt, wovon seine Publikation handelt. Besonders angebracht ist dieses Kommunikationsmittel im Bereich der Naturwissenschaften: oft sind Animationen hier gut geeignet, um ein Konzept darzustellen. In den Geistes- und Sozialwissenschaften hingegen sind eher Videos zu finden, in denen der Autor in seinem Büro sitzend Grundidee, Vorgehen, Resultate und Bedeutung seiner Arbeit vorstellt, oder in Form eines Interviews darüber Auskunft gibt. Nicht nur in der Art der Vermittlung gibt es Unterschiede. Manche Videos entstehen auf Bestreben des Autors, bei anderen kommt der Anreiz vom Verlag; manchmal wird gleich selbst gedreht, ab und zu sind professionelle Produktionsfirmen am Werk. Die Verbreitung kann über Plattformen wie YouTube stattfinden, oder auf der Website des Journals oder Verlags, zusammen mit dem eigentlichen Artikel oder auf der Verkaufsplattform für das Buch.

Klappt’s?

Gemeinsam ist den Videos aus dem akademischen Umfeld aber das Ziel: Eine Arbeit einem größeren Publikum bekannt zu machen. Und laut Untersuchungen von Scott Spicer (selbstverständlich komplett mit Video Abastract seines Artikels) klappt’s. In den von ihm untersuchten wissenschaftlichen Publikationen sind die Werke mit Video im Schnitt erfolgreicher als jene, die auf ein visuell-akustisches Element verzichten. Allerdings kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Videos tatsächlich den Leserkreis erweitern, oder ob bessere Autoren einfach mehr Marketing betreiben. Bei oft mehreren hundert und in Einzelfällen auch mehreren zehntausend Aufrufen bei YouTube kann man aber davon ausgehen, dass Leute ohne akademischen Hintergrund durch Video Abstracts eher zu Journal Artikeln und wissenschaftlichen Büchern finden. Dies führt kaum zu mehr Zitierungen, ist aber aus dem Aspekt der Wissensverbreitung zu begrüßen. Wo es um die Vermarktung von akademischen Büchern geht, ist dieses Phänomen besonders interessant. Verlage setzten Videos mitunter gezielt dazu ein, andere Medien zu ködern und damit die Autoren und ihre Werke auf klassische Weise einem breiteren Publikumskreis bekannt zu machen.

Veröffentlichen gegen Gebühr: Lohnt sich der finanzielle Aufwand?

Das Aufeinandertreffen von subhigh-price-journalsventionierter Forschung mit der profitorientierten Natur vieler Verlagshäuser schafft ein unbequemes Spannungsfeld im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens. Die durchaus gut budgetierte Bibliothek der Universität Harvard sorgte für Schlagzeilen, als sie bekanntgab, sich die Kosten zum Veröffentlichen in diversen Journals nicht länger leisten zu können. Von jährlichen Kosten in Höhe von 40.000 US Dollar für einen einzigen Titel war die Rede, und von Preisen, die sich in kurzer Zeit verdoppelt hatten.

Forschung zwischen öffentlichem Gut und Profit

Das Problem liegt in der Natur des Gutes „Forschung“, ebenso wie an der Struktur der Industrie. Neue Erkenntnisse bauen immer auf bereits vorhandenes Wissen, nicht ohne Grund lautet der Slogan von Google Scholar, einer Suchmaschine für wissenschaftliche Artikel, „stand on the shoulder of giants“. Kann ein Forscher sich nicht auf den aktuellsten Stand bringen, so kommt es nicht nur zu Ineffizienzen und Doppelspurigkeiten, sondern es wird auch ein fundamentales Prinzip der Forschung verletzt: Dass Erkenntnisse nur dann zu Fakten werden, wenn sie der Falsifizierbarkeit ausgesetzt sind, wenn also jedermann die Forschungsarbeit einsehen und kritisieren kann. Daher ist „Peer Review“ das Herzstück von Journals. Typischerweise treiben Forscher von öffentlichen oder gemeinnützigen Geldern getragen den Erkenntnisstand ihrer Disziplin voran, schreiben Artikel und geben diese kostenlos an Verlagshäuser ab. Diese bitten Experten, den neuen Artikel kritisch zu begutachten, was wiederum auf Kosten von Forschungsbudgets und nicht zu Lasten des Verlagshauses geschieht. Was dem kritischen Blick der Kollegen standhält und als richtig und wichtig eingestuft wird, wird schließlich in der Zeitschrift veröffentlicht. Und muss dann von den Universitätsbibliotheken teuer bezahlt werden. Man versteht den Unmut des Bibliothekars, der mitunter die Früchte der Forschungsleistung einkaufen muss, die von der eigenen Institution finanziert wurde, um sie den eigenen Studenten zugänglich zu machen. Zahlreiche, nicht profitorientierte Verlage versuchen dieser Situation Abhilfe zu schaffen. Ein relativ neuer Trend sind Open Access Journals, die völlig kostenfrei zur Verfügung stehen. Einige finanzieren sich über Subventionen, andere basieren auf dem Prinzip, dass der Forschende über eine Gebühr die Veröffentlichung seines Artikels selbst finanziert. Diese Gebühren werden vermehrt bereits im Budget von Forschungsprojekten berücksichtigt.

Qualität hat ihren Preis. Oder?

Die karriereförderne Wirkung von Publikationen in möglichst prestigeträchtigen und hochqualitativen Zeitschriften ist unbestritten. In klassischen Zeitschriften mit bezahltem Inhalt haben die besten Journals – traditionell daran gemessen, wie oft sie zitiert werden – den höchsten Zulauf von Artikeln und können sich die allerbesten herauspicken. Durch diese Auslese erreichen sie wiederum eine größere Leserschaft und werden öfter zitiert. Wie lässt sich diese Dynamik auf Open Access Journals übertragen? Der finanzielle Erfolg einer solchen Publikation hängt nicht von Entscheidungen von Bibliotheken ab, die versuchen, Zugang zu den relevantesten und wichtigsten Artikeln zu schaffen. Stattdessen stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang von Preis und Qualität dem Forscher, respektive seinen Geldgebern. Die Preisgestaltung aber kann sehr unterschiedlich ausfallen. Ziehen die teuersten Zeitschriften also die besten Artikel an, oder lediglich jene, mit dem stärksten Budget? Garantieren teure Publikationen hohe Qualität und viel Prestige? Eine beeindruckende Datensammlung von eigenFACTOR meint: „Ja, aber…“ Durchschnittliche Publikationsgebühren von mehreren hundert Open Access Journals können hier ihrem jeweiligen Einflussfaktor gegenübergestellt werden. Letzterer berechnet die Chancen, dass ein Artikel zitiert wird, wobei ein Zitat in einer prestigeträchtigen Publikation stärker gewichtet wird. Die Daten zeigen, dass grundsätzlich ein positiver Zusammenhang zwischen Preis und Leistung besteht. Wer aber im Bereich Molekular- und Zellbiologie publizieren möchte, dem sei das Journal of Biomedicine and Biotechnology ans Herz gelegt. Die zweitbeste Chance auf Zitate in diesem Fachbereich gibt es für durchschnittlich 1.500 US Dollar pro Artikel. Doppelt so teuer ist es, seinen Namen in Drugs in R&D zu lesen, dessen Megaphonwirkung zudem wesentlich geringer ist.

Nach skandalträchtigen Enthüllungen von Artikeln, die trotz gefälschten Datensätzen und unplausibeln Folgerungen veröffentlicht wurden, steht die Qualität von Open Access Journals momentan grundsätzlich zur Diskussion. Das Publizieren gegen Bezahlung mindere möglicherweise den Anreiz, die Leserschaft zu befriedigen, der das Produkt ja gratis abgegeben wird. Das Volumen steigt, die Qualität nimmt ab. Tatsächlich gibt es unseriöse Open Access Publikationen, verschiedene Organisationen führen Listen von verdächtigen Titeln (zum Beispiel Scolarly Open Access). Viele Gründe sprechen für eine Veröffentlichung gegen Gebühr, nicht zuletzt die Ideologie, Forschung allgemein zugänglich zu machen. Wer diesen Schritt in Betracht zieht, tut aber gut daran, den Titel mit Bedacht zu wählen. Es gibt durchaus seriöse und effiziente Open Access Zeitschriften.