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So lassen sich mit Illustrationen Leser anlocken (…und nicht abschrecken)

Wegweiser auf Ziegelsteinwand mit Chaos und OrdnungDie Leserschaft eines wissenschaftlichen Artikels ist keine homogene Gruppe. Einige Personen haben Gründe, aus welchem sie einen Artikel im Detail lesen wollen oder müssen. Für andere reicht es, sich mit wenigen Elementen des Artikels zu beschäftigen, um sich einen Überblick über die Resultate zu verschaffen. Wiederum andere entscheiden erst aufgrund dieser Elemente, den Artikel zu lesen. Spezifisch haben also der Titel, das Abstract, die Schlussfolgerung und die Illustrationen zwei Aufgaben: Sie sollen Interesse wecken, andererseits aber auch wichtige Informationen in knapper Form verständlich kommunizieren.

Grafiken, Tabellen, Diagramme, Bilder und Illustrationen müssen trotz hoher Informationsdichte verständlich sein und ansprechend aussehen. Präsentation ist zwar nicht alles, kann aber den Unterschied ausmachen zwischen einem Paper, das kaum beachtet wird und einem das gelesen und zitiert wird. Für die Erstellung und den bevorzugten Typ von Illustrationen gibt es je nach Fachrichtung etablierte Programme und Techniken, die Unterschiedliches möglich machen. Zudem muss sich der Autor immer an die Formatvorgaben des Journals halten, in dem er publizieren möchte. Daneben gibt es jedoch einige allgemeingültige Grundregeln für den optimalen Einsatz von Illustrationen. Die häufigsten Fehler lassen sich mit wenig Aufwand vermeiden. Mit der folgenden Checkliste stellen Sie sicher, dass Ihre Abbildungen nicht abschreckend auf Ihre Leser wirken:

  • Daten sind nie Selbstzweck. Überlegen Sie sich genau, was Sie aussagen wollen und wählen Sie jenen Illustrationstyp, der sich dafür am besten eignet. Nur weil beispielsweise das verwendete Statistikprogramm komplexe Darstellungen möglich macht, heißt das nicht, dass diese immer einer Tabelle oder einer schlichteren Grafik überlegen sind. Halten Sie sich an die Konventionen Ihres Faches!
  • Illustrationen müssen groß genug und gut lesbar sein. Wo mehrere umfangreiche Darstellungen nötig sind, die den Lesefluss stören, sollte überlegt werden, ob diese in einen Anhang verschoben werden können. Insbesondere gehören Rohdaten in den Anhang.
  • Illustrationen müssen beschriftet und nummeriert werden. Tabellen und andere Illustrationen in den Anhängen werden separat nummeriert. Verweise im Text sollten sich auf die Nummerierung und nicht auf die Seitenzahl beziehen.
  • Bei Grafiken sollte der Achsenausschnitt und die Einheit so gewählt werden, dass die interessanten Bereiche bestmöglich erkennbar sind.
  • Für die Beschriftung von Achsen und Datenpunkten, den Einsatz von Symbolen und Farben und das Einfügen von Legenden und Titeln gilt: So viel wie nötig, so wenig wie möglich! Solche Elemente dürfen nicht von den Daten ablenken, müssen aber alle notwendigen Informationen wiedergeben (inklusive jener, die bereits im Titel der Illustration enthalten sind). Graphische Spielereien wie Schattierungen oder unnötige Hilfslinien sollten vermieden werden.
  • Der Leser sollte Illustrationen nie selbst interpretieren müssen, selbst Bilder nicht: Der Text des Artikels muss erklären, was aus der Illustration hervorgeht. Was für den Autoren, der Tage oder Wochen über einem Datensatz brütet, offensichtlich ist, erschließt sich dem eiligen Leser nicht immer sofort.

Ein guter Test für die Aussagekraft und die Qualität einer Illustration ist die Reaktion eines fachfremden Publikums (wenn auch je nach Spezialisierung einige Statistikkenntnisse vorausgesetzt werden müssen). Legen Sie Ihre Graphiken oder Bilder (mit Über- und Unterschrift und gegebenenfalls einem kurzen Begleittext) einem Bekannten vor, der nicht in Ihrem Feld tätig ist! Falls dieser mehr Begeisterung zeigt, als wenn Sie beim Café von Ihrem jüngsten Projekt erzählen, dann haben Sie ihr Ziel erreicht!

„Conferencing“ oder Publizieren?

LampenfieberSeine Arbeit an einer Konferenz zu präsentieren und damit der öffentlichen Kritik auszusetzen, bedeutet einen großen Zeitaufwand für die Vorbereitung, auch die Teilnahme als Zuschauer blockiert die Agenda. Anreise und Unterkunft können teuer werden, sich um finanzielle Unterstützung zu bemühen, ist ein weiterer Aufwand. Das alles nehmen viele Konferenzteilnehmer auf sich für eine Aktivität, vor der sich angeblich mehr Leute fürchten als vor dem Tod: Öffentliches Sprechen. Solche Präsentationen lassen sich zwar im CV auflisten, haben aber nicht dasselbe Gewicht wie eine Publikation. Da fragt sich mancher angehende Akademiker, ob er nicht besser beraten ist, seine Energie ganz auf das nächste Paper zu richten. Konferenzen haben jedoch zwei Vorteile, die über die Stellung im CV hinausgehen und die zum Karrierefortschritt ebenso beitragen können, wie zur Jobzufriedenheit.

Inspiration durch Austausch

Zum einen macht es Sinn, sich regelmäßig aus dem Elfenbeinturm hinaus zu wagen. Wer in der täglichen Arbeit an seiner Institution bereits viel interagiert, kann nur davon profitieren, seine Kreise zu erweitern. Input von Kollegen, die dasselbe Feld aus einer anderen Perspektive heraus bearbeiten, kann ebenso inspirierend sein, wie Einblicke in deren Arbeit. Besonders für Akademiker am Anfang ihrer Laufbahn ist der fachliche Austausch interessant und wichtig. Die eigene Arbeit regelmäßig der Kritik der Öffentlichkeit auszusetzen ist in kaum einer Laufbahn von solch großer Bedeutung, wie in der Forschung. Der direkte Kontakt mit dieser Kultur kann anfänglich beängstigend sein, aber auch motivieren! Die Kollegen, die damit beauftragt sind, eine Präsentation kritisch zu würdigen, erhalten das Paper im Vorfeld schriftlich. Immer häufiger wird es auch den übrigen Zuschauern vor dem mündlichen Vortrag zugänglich gemacht. Fragen und Rückmeldungen können so durchaus wertvolle Anregungen enthalten oder auf relevante Arbeiten im Gebiet verwiesen, die man noch nicht kannte. Fast immer fließt der Inhalt einer Präsentation später in eine Publikation ein. Diese kann durch kluge Kommentare substantiell verbessert werden – der eine oder andere findet sogar Inspiration für weitergehende Forschung.

So oder so, „Konferenzfähigkeiten“ wollen geübt sein. Eine 20-minütige Präsentation stellt andere Ansprüche als ein 20-seitiges Paper. Auch kluge Fragen zu stellen und selbst Smalltalk, gelingt bei einigen Leuten erst mit etwas Übung. Die Zuschauerrolle bietet die Gelegenheit, sich mit den Grundregeln vertraut zu machen. Die erlernten Skills sind auf viele Arbeits- und Lebenssituationen übertragbar.

Netzwerke knüpfen

Neben fachlichen Aspekten ist eine Konferenz auch eine wichtige Networkinggelegenheit. Akademiker, die sich mit einem eng definierten Themenkreis beschäftigen, sind meist eine überblickbare Gemeinschaft, die jedoch geographisch weit verstreut ist. Persönliche Kontakte sind Türöffner, wie in jedem anderen Feld. Welche besseren Voraussetzungen könnte es geben, um neue Beziehungen zu knüpfen, als mit der eigenen Arbeit zu beeindrucken? So manche Forschungskollaboration wurde an einer Konferenz angerissen, oft sind auch Journalredakteure anwesend. Sind Stellen zu besetzten, ist es selbstverständlich von zentraler Bedeutung, dass der eigene Name bekannt ist, was sich durch aktive Konferenzteilnahmen erreichen lässt.

Konferenzteilnahmen mögen vordergründig nicht so karrierefördernd wirken wie Publikationen. Ihr Einfluss auf den Gedankenaustausch, den Erhalt von Feedback und das eigene Netzwerk ist aber nicht zu verachten. Besonders für junge, angehende Akademiker, die sich noch keinen Namen machen konnten, lohnt sich dieser Umweg!

Gefälschte Daten publizieren = Karriereende?

mclovinDer Unternehmer strebt nach Profit, der Akademiker nach Publikation. Selbst in der Wirtschaft, wo die berühmte „unsichtbare Hand“ und gut überwachte Gesetze eigentlich für Ordnung sorgen, kommt es oft genug zu Betrügereien: Kartelle, Korruption und die 100 Gramm Packung Knäckebrot, in der nur 90 Gramm drin stecken. Wie viel anfälliger auf Mauscheleien ist da erst der akademische Betrieb, wo sich Ehrgeiz mit Ego mischt, wo die absolute Wahrheit sowieso nicht existiert und wo die Umsetzung der Regeln nicht ein ganzes Heer von Beamten beschäftigt, sondern zwei oder drei Peer Reviewern obliegt. Diese stehen meist unter Zeitdruck und sind nicht selten befangen, handelt es sich doch um Kollegen und oft um Bekannte des Autoren. In dieser Position müssen sie dann, ohne dass alle Informationen vorliegen, über Graubereiche befinden, die Bestandteil der Wissenschaft sind. Ist der unbequeme Datenpunkt da wirklich ein Ausreißer, den man ignorieren kann?

Was passiert mit gefallenen Forschern?

Neben eher schwammigen Punkten gibt es aber auch ganz klare Tabus. Erfundene Daten sind in jedem Fall wissenschaftlicher Betrug. Wird solches Fehlverhalten entdeckt, zieht das disziplinarische Maßnahmen nach sich. Artikel, die auf konstruierten Daten basieren, müssen ohne Ausnahme formal zurückgezogen werden. Solche Fälle häufen sich in den letzten Jahren, hoch gerankte Journals sind auffällig oft betroffen. In einem Umfeld, in dem Prestige alles ist, steht ein ertappter Betrüger vor dem Scherbenhaufen seiner Karriere und kann sich im Labor oder auf Konferenzen nicht mehr blicken lassen. Oder? Eine Studie hat dies systematisch überprüft. Tatsächlich wird es für ertappte Missetäter erheblich schwieriger, Forschungsgelder zugesprochen zu bekommen, über die Hälfte verzichtet auf weitere Publikationen. Immerhin ist die Studie aber auch auf den Einzelfall eines Akademikers gestoßen, dem es gelang, nach seiner Bloßstellung wesentlich mehr Artikel pro Jahr zu veröffentlichen, als zuvor. Eine weitere Untersuchung konzentriert sich auf noch nicht in der Forschung etablierte Doktoranden. Diese verlassen zu 90% die akademische Welt, wenn ihr Fehlverhalten öffentlich wird. Eine hohe Zahl, selbst wenn man bedenkt, dass bei dieser jüngeren Gruppe einige wohl auch ohne Betrugsfall einen anderen Karrierepfad eingeschlagen hätten. Ein weiteres Paper stellt fest, dass frühere Artikel von schuldigen Autoren knapp ein Zehntel der Zitate „verlieren“, die andernfalls zu erwarten gewesen wären.

Sind wir Zeugen eines Wertewandels?

Es ist also hinlänglich belegt, dass wissenschaftlicher Betrug bei Entdeckung ernste Folgen für die Karriere hat. Noch nicht untersucht worden ist hingegen, ob dieser Effekt bei zunehmender Anzahl zurückgezogener Artikel verbleicht. Ist Betrug in der Wissenschaft auf dem Weg zum Kavaliersdelikt zu werden? Oder haben solche Fälle gar nicht zugenommen und wird heute einfach genauer hingeschaut und mehr entdeckt?

Haruko Obokata, die den wohl heißest diskutierten Fall von fabrizierten Daten (oder in ihrem Fall: fabrizierten Aufnahmen von Zellen) zu verantworten hat, hofft sicherlich auf Milde. Sie hat versichert, ihre Experimente zu berichtigen und weiterhin in ihrem Feld forschen zu wollen. Falls sie dies umsetzten kann, so wird sie möglicherweise zum nächsten „Ausreißer“ bezüglich Karriereeffekten von Betrügereien. In der Zwischenzeit hoffen wir auf die freiwillige Einhaltung von grundsätzlichen ethischen Forschungsregeln und auf genaue Kontrollen. Und wir trösten uns mit einer positiven Erkenntnis, zu der aller drei genannten Papers kommen: Wer eigene Fehler selber und ohne Druck bekannt macht, der muss nicht mit negativen Folgen für seine Karriere rechnen.

Konzentriert, aber diesmal anders: Neuerliche Übernahmewelle bei akademischen Verlagen

scholarly-journals-a-big-businessUmbrüche sind für Verlage von akademischen Journals und Büchern nichts Neues. Die 70er Jahre waren für diesen Markt bereits eine prägende Zeit. Bis dahin wurden akademische Magazine hauptsächlich von Instituten und Gesellschaften herausgegeben, die nicht profitorientiert arbeiteten, während kommerzielle Verlage eher ein Nischendasein fristeten. Nun aber nahmen Ausgaben für die Forschung global stark zu. Mehr Akademiker produzierten mehr Artikel. Durch die erhöhte Konkurrenz begann sich die „Journalhierarchie des Prestiges“ zu festigen, die wir heute noch kennen. Der Wert jener Titel, die obenauf schwammen, stieg. Kommerzielle Verlage witterten ein Geschäft, weiteten ihre Aktivitäten aus und wurden zum wichtigen Faktor.

Steigende Budgets

Ab den späten 80er Jahren kam es zu neuen Turbulenzen. Zusätzliche Journals strömten weiterhin von überall her auf den Markt. Während der Pool an wissenschaftlichen Arbeiten wuchs und die Seiten gefüllt werden konnten, vergrößerte sich die Leserschaft nicht im selben Tempo. Neue Konkurrenten hatten zur Folge, dass etablierte Titel Leser verloren. Um trotzdem Profite einzufahren, wurde Effizienz für jene Titel immer wichtiger, die Aktionäre zufriedenzustellen hatten. Einige wenige Verlagshäuser kauften jene auf, die dem Druck nicht standhalten konnten und wuchsen durch diese Strategie zu wahren Giganten heran: Reed Elsevier verdoppelte seinen Marktanteil in den 90ern und überragt heute noch bei weitem die anderen Größen der Zunft, Wiley-Blackwell und Springer. Das Trio gibt zusammen zwei Fünftel aller Journalartikel heraus. Parallel zu dieser Aktivität führten die traditionellen Herausgeber von Journals ihre Arbeit jedoch unbeirrt fort, denn ihre Mission die Wissenschaft voranzutreiben und den „eigenen“ Autoren eine Plattform zu bieten, ohne dabei finanziellen Gewinn anzustreben, hatte sich ja nicht verändert.

Schrumpfende Budgets und das e-Book

Nun beobachten wir eine weitere Übernahmewelle in der akademischen Verlagswelt, diese findet allerdings in einem komplett anderen Umfeld statt. Preise von Topjournals haben sich in luftige (oder lächerliche?) Höhen verabschiedet. Für Titel, die vor 30 Jahren mit 10-Dollar Noten bezahlt wurden, wären heute Tausenderscheine nötig. Einkäufer stellen sich solchen Rechnungen bewaffnet mit Bibliotheksbudgets, an welchen jedes Jahr aufs Neue der Rotstift angesetzt wird. Um die Elitepublikationen weiterhin kaufen zu können sind sie gezwungen, auf die Anschaffung von wissenschaftlichen Büchern und Monographien zu verzichten, immer häufiger werden auch Journals von den Regalen genommen. Gleichzeitig findet eine massive technische Umwälzung statt: Das e-Book und das Online Journal sind definitiv salonfähig geworden. Dies hat zweierlei zur Folge: Einerseits sind viele Verlage gezwungen, ihre Tore zu schließen, besonders kleinere Unternehmen, die auf physischen Druck und auf Monographien gesetzt hatten. Andererseits haben Digital Content Providers ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell vorzuweisen. Sie bieten Verlagen die technische Plattform, um ihre Inhalte digital zu präsentieren. In diese Kategorie fällt etwa HighWire Press, welches kürzlich von der Stanford University an den Private Equity Investor Accel-KKR überging. Laut Elsevier war die technische Plattform auch die Triebfeder ihrer Übernahme von Mendeley vor anderthalb Jahren. Kaum eine Transaktion der aktuellen Übernahmewelle wird wohl so heiß diskutiert werden wie die Hochzeit des Giganten, der mit schummrigen Hinterzimmermanövern Monopolrenten solange auf die Spitze getrieben hatte, bis ein Käuferboykott folgte, mit dem Start-up, das doch sehr einer Filesharingplattform für eigentlich geschützte akademische Texte glich.

Auch wenn andere Übernahmen weniger spektakulär und kontrovers sind: In der Summe bedeuten sie eine grundsätzliche Neuausrichtung der akademischen Verlagslandschaft. Die Zukunft liegt vielleicht in Open Access, und sicherlich in der digitalen Publikation.

Wissenschaftliche Texte lesen und verstehen: Tipps für Laien

Scary PaperAb und zu kommt es auch außerhalb des wissenschaftlichen Betriebs dazu, dass man einen akademischen Artikel lesen möchte. Etwa um zu erfahren, was die Nichte an der Konferenz präsentieren wird, zu der sie demnächst reist. Vielleicht möchte man sich einen eigenen Eindruck vom Stand der Klimadiskussion machen, oder es war schon immer eine Faszination für städtische Verkehrsplanung da. Als Laie kann das Fachchinesisch und der nicht eben leserfreundliche Aufbau eines Papers zwar abschreckend wirken, wer sich an die folgenden Tipps hält (und etwas Sitzleder mitbringt), kann aber garantiert der Argumentation eines wissenschaftlichen Textes folgen!

  • Material finden: Wenn sie keinen Zugang zur Bibliothek einer Universität oder Forschungsinstitution haben, stehen ihnen nicht alle Papers zur Verfügung. Viele Journals machen jedoch nach Ablauf einer gewissen Frist ihre Artikel öffentlich, einige stellen ihr Material von Anfang an kostenlos zur Verfügung. Nutzen Sie die Suchmaschine Google Scholar für Ihre Stichwortsuche. Suchergebnisse, die für Sie zugänglich sind, erkennen Sie am Link in der rechten Kolonne. Dieser führt direkt zum entsprechenden Text.
  • Journal bewerten: Weder für Journals noch für Forschungsinstitute gibt es eine internationale Qualitätssicherung. Leider ist daher vieles, was wissenschaftlich aussieht, das Papier (oder den Platz auf dem Bildschirm) nicht wert, auf dem es gedruckt ist – und schon gar nicht Ihre Zeit! Verschaffen Sie sich also erst einen Überblick über die Seriosität des Hefts, in welchem der Artikel erschienen ist und die Institution, zu welcher die Autoren gehören! Für ersteres gibt es mehrere Rankings, etwa den „Article Influence Score“ (AI). Diesen können Sie hier nachschlagen (Kolonne ganz rechts, ein hoher Wert deutet auf ein gutes Journal hin).
  • Reihenfolge: Wissenschaftliche Artikel sind immer gleich aufgebaut: Das Abstract fasst den Artikel auf weniger als einer Seite zusammen. Die Einführung erklärt die genaue Fragestellung, der sich der Artikel widmet und geht auf den Stand der Forschung ein. Im Methodenteil wird die Sammlung der Daten, das Experiment oder das Modell beschrieben. Die Resultatesektion präsentiert die Daten. Die Schlussfolgerung enthält die Interpretation der Autoren. Je nach Absicht reicht es, das Abstract und die Schlussfolgerung zu lesen. Beachten Sie aber, dass die selben Fakten von unterschiedlichen Personen anders interpretiert werden können. Wenn Sie sich Ihre eigene Meinung bilden wollen, müssen Sie sich durch den gesamten Artikel vorarbeiten! Falls Sie sich die Zeit nehmen, die Daten zu verstehen, dann versuchen Sie, Ihre eigenen Schlüsse zu ziehen, bevor Sie jene des Autors lesen (machen Sie sich jedoch darauf gefasst, dass Ihnen anfänglich Fehler unterlaufen können).
  • Mitschreiben, Mut bewahren: Machen Sie sich Notizen, schlagen Sie unbekannte Worte nach (dafür werden Sie anfänglich vermutlich länger benötigen, als für den Artikel selbst).
  • Grundlage schaffen: Notieren Sie sich auch Artikel, auf die verwiesen wird, die Sie später möglicherweise ebenfalls überfliegen oder lesen möchten. Jeder Wissenschaftler baut auf den Leistungen anderer auf. Wer nicht vom Fach ist, muss eventuell ältere Grundsatzartikel lesen, um einen Einstieg zu finden. Beachten Sie auch, dass oft zum selben Thema mehrere ähnliche Experimente durchgeführt werden. Was, wenn es sich beim vorliegenden Artikel um die einzige von zehn existierenden Studien handelt, die etwa die Wirkung eines Medikaments bestätigen kann? Machen Sie sich gegebenenfalls auf die Suche nach Übersichtsartikeln („review articles“) zum Thema. Solche Metastudien fassen systematisch alle bisher vorhandenen Daten zusammen.
  • Ein bisschen Statistik: Wenige Felder der Wissenschaft kommen ohne Statistik aus. Falls Sie davon (noch) gar keine Ahnung haben, dann sollten Sie sich mit einigen Grundbegriffen wie „signifikant“ und „Konfidenzintervall“ vertraut machen, denn diese Konzepte können Resultate, die eigentlich ziemlich klar aussehen, als reine Fata Morganas entlarven. Achten Sie auch immer auf die Stichprobenzahl!
  • Zweitmeinungen einholen: Über Google Scholar können Sie gezielt nach weiteren Artikeln suchen, welche den Text, den Sie nun durchgearbeitet haben, zitieren. Vielleicht ist es für Sie von Interesse, welche Kritikpunkte andere Forscher äußern oder wie diese zum Paper stehen.

Der wichtigste Schlüssel dazu, sich ein aktuelles Forschungsgebiet zu erschließen und zu lernen, Resultate selbständig zu interpretieren und kritisch zu würdigen, versteckt sich in Punkt 4: Mut bewahren! Anfänglich werden Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, Worte nicht kennen und Datentabellen verwirrend finden. Wer nicht aufgibt merkt aber, dass es nach der anfänglichen Hürde schnell einfacher wird. Sie eröffnen sich eine ganz neue Welt von faszinierenden Informationen!