Das Studium vermittelt Wissen und Methodenkenntnisse, die nötig sind, um Forschung betreiben zu können. Zusätzlich zur Einverleibung etablierten Wissens schaffen Seminare, Kolloquien und besonders die Abschlussarbeiten Raum, um sich mit dem Erarbeiten neuer Erkenntnisse vertraut zu machen. Im Normalfall steht aber das Lernen im Vordergrund: Eine Diplomarbeit ist eine Fingerübung, an die entsprechend nicht die selben Anforderungen gestellt werden, wie an das Forschungsprojekt eines Akademikers mit langjähriger Erfahrung. Auch stehen Studierenden nicht im selben Ausmaß Ressourcen zur Verfügung, insbesondere wenn sie nicht in ein größeres Projekt ihres Betreuers eingebunden sind. Entsprechend entsteht eine Kluft zwischen den Erfahrungen im Studium und dem Alltag einer akademischen Karriere. Der Übertritt gestaltet sich in der Folge oft etwas holprig. Wie kann dieser Pfad geglättet werden?
Mehr Übung, mehr Realitätsnähe
Das Bologna System schafft erfreulicherweise etwas Abhilfe in der Form einer zweiten größeren Arbeit. Diese bietet den Studierenden eine zusätzliche Fläche für ihre Ambitionen. Nach der Bachelorarbeit ist relativ klar, was für das Gelingen einer Arbeit erforderlich ist, wie es erreicht werden kann und welches Vorgehen erfolgversprechend ist. Folglich ist es bei der Masterarbeit möglich, sich stärker auf Inhaltliches zu konzentrieren und gleichzeitig allfällige frühere Fehler zu vermeiden.
Ein bequemer und effizienter Übergang in eine akademische Karriere hat zwei Aspekte: Wollen und Können. Ein optimaler Studiengang motiviert geeignete Kandidaten, diesen Berufsweg einzuschlagen; gleichzeitig sollen ihnen die nötigen Qualifikationen mitgegeben werden. Beides lässt sich erreichen, indem Masterarbeiten möglichst eng an die eigentliche Forschung angelehnt werden. Dazu gehört auch die Möglichkeit einer Präsentation in geeignetem Rahmen und allenfalls eine Publikation. Besonders in den USA entstehen zurzeit dutzende Journals und ähnliche, von Instituten oder Vereinen getragene Medien, welche speziell den Beiträgen von Studierenden gewidmet sind. Somit sind nicht nur Berührungspunkte mit der Forschung möglich, sondern zusätzlich auch mit der Präsentation der Ergebnisse. Manche dieser Journals beinhalten eine Form von Review, was die Realitätsnähe noch erhöht. Die Eindrücke, die Studenten bei der Arbeit an einem solchen Artikel erhalten, können maßgebende Faktoren bei der Karriereentscheidung sein. Zudem hat der Studierende im bevorstehenden Bewerbungsprozess immerhin eine Publikation vorzuweisen.
Andere Voraussetzungen in Europa
Im deutschsprachigen Raum sind solche Option noch wenig ausgeprägt. Veröffentlichungen und Konferenzteilnahmen während des Studiums hängen hier sehr stark vom Engagement und der Unterstützung der Betreuer ab, welche herausragende Studenten wirkungsvoll unterstützen können. Wer direkt in Projekte des Betreuers eingebunden ist und eventuell sogar an einer Veröffentlichung mitwirken kann, der hat einen wichtigen ersten Schritt Richtung Doktorat und Universitätslaufbahn getan. Solche Chancen ergeben sich aber je nach Studienfach verhältnismäßig selten. Man kann sich als Studierender zwar nach Programmen und Publikationen umhören, welche Arbeiten von Studenten veröffentlichen , oder sogar auf eigene Kosten publizieren lassen. Besonders prestigeträchtig sind diese Medien allerdings nicht. Viele Universitäten bieten bei besonders gelungenen Arbeiten immerhin einen Eintag auf dem eigenen Server an, was aber ohne zusätzliches Review passiert.
Im Moment ist noch unklar, ob und wann sich der amerikanische Trend auch in Deutschland durchsetzten wird und spezielle Publikationen und Programme für Studierende mit Ambitionen auf eine akademische Laufbahn entstehen. In der Zwischenzeit lautet der ultimative Tipp für die betreffenden Personen nach wie vor: Unbedingt versuchen, beim bestmöglichen, geeignetsten Betreuer unterzukommen. Den Publikationsbetrieb kennenzulernen ist zwar wichtig, aber auch Anschluss an die Forschergemeinschaft zu finden, ist extrem wertvoll. Dies kann nur über den Betreuer erfolgen, egal was letztlich mit der fertigen Arbeit passiert.