Seine Arbeit an einer Konferenz zu präsentieren und damit der öffentlichen Kritik auszusetzen, bedeutet einen großen Zeitaufwand für die Vorbereitung, auch die Teilnahme als Zuschauer blockiert die Agenda. Anreise und Unterkunft können teuer werden, sich um finanzielle Unterstützung zu bemühen, ist ein weiterer Aufwand. Das alles nehmen viele Konferenzteilnehmer auf sich für eine Aktivität, vor der sich angeblich mehr Leute fürchten als vor dem Tod: Öffentliches Sprechen. Solche Präsentationen lassen sich zwar im CV auflisten, haben aber nicht dasselbe Gewicht wie eine Publikation. Da fragt sich mancher angehende Akademiker, ob er nicht besser beraten ist, seine Energie ganz auf das nächste Paper zu richten. Konferenzen haben jedoch zwei Vorteile, die über die Stellung im CV hinausgehen und die zum Karrierefortschritt ebenso beitragen können, wie zur Jobzufriedenheit.
Inspiration durch Austausch
Zum einen macht es Sinn, sich regelmäßig aus dem Elfenbeinturm hinaus zu wagen. Wer in der täglichen Arbeit an seiner Institution bereits viel interagiert, kann nur davon profitieren, seine Kreise zu erweitern. Input von Kollegen, die dasselbe Feld aus einer anderen Perspektive heraus bearbeiten, kann ebenso inspirierend sein, wie Einblicke in deren Arbeit. Besonders für Akademiker am Anfang ihrer Laufbahn ist der fachliche Austausch interessant und wichtig. Die eigene Arbeit regelmäßig der Kritik der Öffentlichkeit auszusetzen ist in kaum einer Laufbahn von solch großer Bedeutung, wie in der Forschung. Der direkte Kontakt mit dieser Kultur kann anfänglich beängstigend sein, aber auch motivieren! Die Kollegen, die damit beauftragt sind, eine Präsentation kritisch zu würdigen, erhalten das Paper im Vorfeld schriftlich. Immer häufiger wird es auch den übrigen Zuschauern vor dem mündlichen Vortrag zugänglich gemacht. Fragen und Rückmeldungen können so durchaus wertvolle Anregungen enthalten oder auf relevante Arbeiten im Gebiet verwiesen, die man noch nicht kannte. Fast immer fließt der Inhalt einer Präsentation später in eine Publikation ein. Diese kann durch kluge Kommentare substantiell verbessert werden – der eine oder andere findet sogar Inspiration für weitergehende Forschung.
So oder so, „Konferenzfähigkeiten“ wollen geübt sein. Eine 20-minütige Präsentation stellt andere Ansprüche als ein 20-seitiges Paper. Auch kluge Fragen zu stellen und selbst Smalltalk, gelingt bei einigen Leuten erst mit etwas Übung. Die Zuschauerrolle bietet die Gelegenheit, sich mit den Grundregeln vertraut zu machen. Die erlernten Skills sind auf viele Arbeits- und Lebenssituationen übertragbar.
Netzwerke knüpfen
Neben fachlichen Aspekten ist eine Konferenz auch eine wichtige Networkinggelegenheit. Akademiker, die sich mit einem eng definierten Themenkreis beschäftigen, sind meist eine überblickbare Gemeinschaft, die jedoch geographisch weit verstreut ist. Persönliche Kontakte sind Türöffner, wie in jedem anderen Feld. Welche besseren Voraussetzungen könnte es geben, um neue Beziehungen zu knüpfen, als mit der eigenen Arbeit zu beeindrucken? So manche Forschungskollaboration wurde an einer Konferenz angerissen, oft sind auch Journalredakteure anwesend. Sind Stellen zu besetzten, ist es selbstverständlich von zentraler Bedeutung, dass der eigene Name bekannt ist, was sich durch aktive Konferenzteilnahmen erreichen lässt.
Konferenzteilnahmen mögen vordergründig nicht so karrierefördernd wirken wie Publikationen. Ihr Einfluss auf den Gedankenaustausch, den Erhalt von Feedback und das eigene Netzwerk ist aber nicht zu verachten. Besonders für junge, angehende Akademiker, die sich noch keinen Namen machen konnten, lohnt sich dieser Umweg!