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Interviews korrekt zitieren

RUDIInterviews und Gespräche sind besonders in den Geisteswissenschaften wichtige Informationsquellen. Auch in anderen Disziplinen können sie einem Argument besonderes Gewicht verleihen oder es sogar ermöglichen, Erkenntnisse aus nicht öffentlichen Daten in ein Paper einfließen zu lassen. Auf gewisse Weise widerspricht diese Methode allerdings dem Geist der Forschung, der eigentlich verlangt, dass Rohdaten, Materialien und Informationen so einfach wie möglich zugänglich und nachvollziehbar sein sollten. Dieser Konflikt spiegelt sich in den formalen Vorschriften des Zitierens wieder: Persönliche Interviews werden in den verschieden Zitierstilen unterschiedlich behandelt.

Öffentlich zugängliche Interviews

Ein Zitat aus einem öffentlich vorliegenden, gedruckten Interview zu nutzen, unterscheidet sich im Prinzip kaum davon, ein Paper oder Buch als Quelle zu verwenden. Die Regeln der verschiedenen Stile sind hier daher noch relativ einheitlich. Die nötigen bibliographischen Angaben sind der Name des Interviewten, der Name des Interviewers, der Titel der Publikation (zum Beispiel der Zeitung), Ausgabe und Jahr der Publikation, die Seitenzahl, sowie die Art des Mediums. Die Reihenfolge und formale Darstellung richtet sich nach dem gewählten Stil, ein Beispiel in MLA wäre etwa: O’Connor, Flannery. Interview by Gerard Sherry. The Critic 21 (1963): 29-31. Print.

Ist das Interview nicht in gedruckter Form erschienen, aber dennoch öffentlich zugänglich, gelten wiederum ähnliche Regeln. Ein Titel kann hinzugefügt werden; der Name des Interviewers entfällt, falls dieser im Beitrag nicht identifiziert wird. Bei Fernseh- oder Radiostationen sollte neben dem Namen des Senders auch der entsprechende Identifikationscode angegeben werden. Ansonsten ändert sich wenig. Ein Beispiel für ein Fernsehinterview in MLA: Jolie, Angelina. “Being a Mother.” 60 Minutes. CBS. WCBS, New York: 3 Feb. 2009. Television.

Eigene Interviews

Hier beginnen die Konflikte und folglich werden die Regelungen uneinheitlicher. Auf jeden Fall sollte ein Hinweis auf das Interview direkt im Text oder in einer Fußnote zu finden sein. Im MLA Stil findet sich zusätzlich ein Eintrag in der Bibliographie, da das Interview auf gleicher Ebene mit den anderen Informationsquellen aufgelistet wird. Beispielsweise in APA oder Chicago hingegen, beschränkt man sich auf den Hinweis im Text. Hier steht die Funktion der Bibliographie als Wegweiser im Vordergrund, die nur Materialien auflistet, welche vom Leser aufgefunden werden können. Wer dem MLA Stil folgt, sollte im Text einen Hinweis der folgenden Art platzieren: „China’s policies have an immense impact on regional cooperation.“ (Doe,  2014.).

In der Bibliographie sollten zudem die Art des Interviews und das genaue Datum zu finden sein: Doe, John. Personal interview. 04 March 2014.

Bei einem Interview von Angesicht zu Angesicht darf der Ausdruck „Personal interview“ auch durch „Interview“ ersetzt werden, bei anderen Kommunikationsformen wird entsprechend „Phone interview“ oder „Email interview“ verwendet.

Liegen Aufzeichnungen eines Interviews vor, die keine vertraulichen Angaben enthalten und die vom Gesprächspartner freigegeben worden sind, kann es sinnvoll sein, dies in einer Fußnote zu erwähnen. Der Autor signalisiert so, dass er im Zweifelsfall die Aussagen aus Interviews belegen kann, selbst wenn diese nicht öffentlich zugänglich sind.

Bibliographien automatisch erstellen

Für jene, die sich bei den Formvorschriften des Zitierens unsicher sind oder häufig zwischen verschiedenen Stilen wechseln müssen, lohnt es sich, die Erstellung der Bibliographie zu automatisieren. Wer für die Dokumentenverwaltung oder andere Aufgaben bereits Programme wie EndNote, Zotero oder Mendeley nutzt, kann sich in wenigen Minuten mit der entsprechenden Funktionalität vertraut machen. Daneben gibt es unzählige zuverlässige Onlinetools, welche die Fleißarbeit ersetzen oder zumindest erleichtern können. EasyBib ist eine intuitive Variante, die alle Interviewformen und die gängigsten Stile abdeckt.

Eine Hand zitiert die andere

Citation MafiaDass Redaktoren mehr als nur einen verstohlenen Blick für den Impact Factor ihres Journals übrig haben, ist bekannt. Kaum ein Titel, der ohne konkrete Strategie auskommt, um die eigene Publikation im Ranking nach oben zu rücken. Die gewählten Methoden reichen vom begrüßenswerten Streben nach echten Qualitätsverbesserungen, über reine Marketingmaßnahmen, hin zu Auswahlverfahren, die populäre Artikel gehaltvollen vorziehen. Am untersten Ende der Skala finden sich leider auch Mittel, die mehr als nur ein abschätziges Stirnrunzeln verdienen: Es kommt vor, dass Redaktoren Autoren dazu nötigen, frühere Ausgaben des Ziel-Journals zu zitieren.

Leider keine Seltenheit

„Schwarze Schafe”, denken Sie? „Gibt es doch in jeder Industrie! Sind bestimmt die Raubtierjournals, die nur aufs schnelle Geld aus sind.” Weit gefehlt, die Realität ist düsterer. Eine vielbeachtete Umfrage aus dem Jahr 2012 hat ans Licht gebracht, dass einer von fünf Autoren aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaften und Psychologie schon mit der Praxis der erzwungenen Zitate konfrontiert worden ist. Für einige Journals kursieren gar konkrete Zahlen für die Mindestmenge solcher sogenannter Selbstzitate, welche die Redaktion sehen möchte. Schockierend auch, mit wie wenig Furcht vor Entdeckung die Redaktoren an ihrem Netzwerk von Selbstzitaten spinnen, respektive spinnen lassen: Die ungerechtfertigte Aufforderung, zusätzliche Zitate einzubauen oder andernfalls mit einem ablehnenden Publikationsentscheid rechnen zu müssen, wird nicht selten völlig offen mittels einer schnöden E-Mail an den potentiellen Autoren herangetragen.

Laut der genannten Umfrage wären die Hälfte der befragten Forschenden laut eigener Aussage widerwillig bereit, erzwungene Zitate in ihre Artikel aufzunehmen, wenn dadurch die Publikation möglich wird. Neun von zehn Wissenschaftlern zweifeln an der Integrität Ihrer Kollegen und gehen davon aus, dass diese solchen Forderungen nachkommen würden.

Gegenmaßnahmen

Die Folgen sind klar: Die Zeit der Leser wird verschwendet, die Qualität der Artikel nimmt ab und der Impact Factor lädt sich ein weiteres Imageproblem auf den Buckel. Zeichen einer plötzlichen Wiederentdeckung der Ethik sind auf Redaktionsstuben und in Forschungslabors momentan leider nicht auszumachen. Dennoch gibt es eine bestechend simple Lösung, die der schmutzigen Praxis ohne großen Aufwand einen Riegel vorschieben könnte: Analysen und Studien, welche den Impact Factor verwenden, greifen oft zur Maßnahme, Selbstzitate „herauszurechnen“. Thomson Reuters, dem Herausgeber des Impact Factors, stehen die nötigen Daten für eine solche Übung zur Verfügung. Was spricht also dagegen, Selbstzitate generell zu ignorieren und damit die schlechten Anreize aus dem System zu entfernen? Die Herren über den Impact Factor haben sich für einen Mittelweg entschieden: Sie berechnen den Impact Factor für jedes Journal mit und ohne Selbstzitate und schließen die schlimmsten Missetäter komplett aus dem Ranking aus; so wird es beispielsweise vom Indian Journal of Physics gehandhabt. Dieses bringt es immerhin auf 83% Zitate aus dem eigenen Heft. Diese Lösung wirkt auf den ersten Blick sinnvoll, immerhin gibt es legitime Gründe für Selbstzitate, haben doch Artikel mit ähnlichem Fokus eine gewisse Wahrscheinlichkeit, im selben Journal unterzukommen. In der Praxis scheint das Vorgehen jedoch angesichts der Umfragewerte eher zahnlos zu bleiben. Strengere Richtlinien für Selbstzitate oder gleich auf die Linie von DORA einschwenken und den Impact Factor gar nicht mehr beachten: Die eine oder andere Form von Unterstützung könnte die bröckelnde Forschungsethik auf jeden Fall gebrauchen.