Wissenschaftliche Publikationen sollen so viel Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen und häufig zitiert werden. Der resultierende Reputationsgewinn schiebt den Autor auf seinem Karrierepfad voran und lässt die Verlagskasse klingeln. Zusätzlich wird das Fundament des bestehenden Wissens, auf welches spätere Arbeiten aufbauen, gestärkt. Wird ein Buch häufiger referenziert, so vergrößert sich in der Folge auch die Leserschaft. Im eher langwierigen akademischen Betrieb können aber zwischen der Veröffentlichung und den ersten Zitaten Monate vergehen. Da ist es äußerst nützlich, in der Zwischenzeit das Thema Vermarktung aufzugreifen, die Visibilität zu erhöhen und sich ins Gespräch zu bringen. Die klassischen Mittel dazu sind bei Artikeln gesprochene Präsentationen auf Konferenzen, bei Büchern entsprechende Rezensionen oder andere Medienbeiträge. Das Gesicht des akademischen Publikationbetriebs hat sich in den letzten Jahren durch neue technische Möglichkeiten stark verändert. Höchste Zeit, dass auch beim Element der visuellen Präsentation neue Wege beschritten werden!
Neue Möglichkeiten nutzen
Reine Onlinepublikationen konnten sich bereits etablieren und im Zuge neuer Businessmodelle stehen akademische Inhalte vermehrt kostenlos zur Verfügung. Da ist es naheliegend, auch in puncto Marketing ähnliche Schritte zu unternehmen. Das Konzept des Video Abstracts steckt noch in den Kinderschuhen, einige Pioniere verzeichnen damit aber bereits Erfolge. Neben Katzenvideos reihen sich auf YouTube seit Kurzem Filmchen von einigen Minuten ein, in welchen ein Autor erklärt, wovon seine Publikation handelt. Besonders angebracht ist dieses Kommunikationsmittel im Bereich der Naturwissenschaften: oft sind Animationen hier gut geeignet, um ein Konzept darzustellen. In den Geistes- und Sozialwissenschaften hingegen sind eher Videos zu finden, in denen der Autor in seinem Büro sitzend Grundidee, Vorgehen, Resultate und Bedeutung seiner Arbeit vorstellt, oder in Form eines Interviews darüber Auskunft gibt. Nicht nur in der Art der Vermittlung gibt es Unterschiede. Manche Videos entstehen auf Bestreben des Autors, bei anderen kommt der Anreiz vom Verlag; manchmal wird gleich selbst gedreht, ab und zu sind professionelle Produktionsfirmen am Werk. Die Verbreitung kann über Plattformen wie YouTube stattfinden, oder auf der Website des Journals oder Verlags, zusammen mit dem eigentlichen Artikel oder auf der Verkaufsplattform für das Buch.
Klappt’s?
Gemeinsam ist den Videos aus dem akademischen Umfeld aber das Ziel: Eine Arbeit einem größeren Publikum bekannt zu machen. Und laut Untersuchungen von Scott Spicer (selbstverständlich komplett mit Video Abastract seines Artikels) klappt’s. In den von ihm untersuchten wissenschaftlichen Publikationen sind die Werke mit Video im Schnitt erfolgreicher als jene, die auf ein visuell-akustisches Element verzichten. Allerdings kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Videos tatsächlich den Leserkreis erweitern, oder ob bessere Autoren einfach mehr Marketing betreiben. Bei oft mehreren hundert und in Einzelfällen auch mehreren zehntausend Aufrufen bei YouTube kann man aber davon ausgehen, dass Leute ohne akademischen Hintergrund durch Video Abstracts eher zu Journal Artikeln und wissenschaftlichen Büchern finden. Dies führt kaum zu mehr Zitierungen, ist aber aus dem Aspekt der Wissensverbreitung zu begrüßen. Wo es um die Vermarktung von akademischen Büchern geht, ist dieses Phänomen besonders interessant. Verlage setzten Videos mitunter gezielt dazu ein, andere Medien zu ködern und damit die Autoren und ihre Werke auf klassische Weise einem breiteren Publikumskreis bekannt zu machen.